KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT

Rechtsanwältin Julia von Bredow

Wann ist das Widerrufsrecht bei verbundenen Geschäften verwirkt? (BGH XI ZR 180/15)

BGH wird am 01.12.2015 darüber entscheiden, wann das Widerrufsrecht bei Darlehen, die zur Finanzierung von Fondsbeteiligungen abgeschlossen wurden, verwirkt ist.

Bei fehlerhaften Widerrufsbelehrungen sind Darlehensverträge widerruflich. Grundsätzlich besteht das Widerrufsrecht in diesen Fällen auch zeitlich unbegrenzt. Wie immer bestätigen jedoch die Ausnahmen die Regel. In der Rechtsprechung hat sich die Tendenz herauskristallisiert, dass etwa 10 Jahre nach Vertragsabschluss das Widerrufsrecht verwirkt ist. Ganz neu soll sich anscheinend nun auch eine weitere Regel gebildet haben: das Recht auf Widerruf von Darlehen, die zur Finanzierung von Fondsbeteiligungen abgeschlossen wurden, soll sich schon früher verwirken können.

Betroffen sind die fremdfinanzierten Fondsbeteiligungen, die von einer Bank zusammen mit dem Darlehen angeboten wurden und daher als verbundene Geschäfte gemäß § 358 BGB gelten. Im Falle des Widerrufs des Darlehens muss dann nämlich auch die Fondsbeteiligung rückabgewickelt werden. Oft die letzte Chance für die Anleger, wenn sämtliche weiteren Ansprüche, wie Schadenersatzansprüche wegen fehlerhafter Anlageberatung verjährt sind oder nicht bewiesen werden können. In der nun vor dem BGH zu verhandelnden Rechtssache wurde genau aus diesem Grund das Widerrufsrecht vom Berufungsgericht als verwirkt angesehen. Die Ausübung des Widerrufsrechts zu diesem Zweck ist nach Ansicht des Berufungsgerichts treuwidrig, weil die Mängel der Widerrufsbelehrung für die Risiken, derentwegen der Kläger widerrufen habe, irrelevant gewesen seien.

Gegen die Ansicht des Berufungsgerichts spricht jedenfalls, dass allein das Ziel des Anlegers beide verbundene Verträge zu beenden, nicht dazu führen darf, dass das Widerrufsrecht ausgehebelt wird. Darlehensverträge, die nicht mit einer Fondsbeteiligung verbunden sind, dürfen auch widerrufen werden, selbst wenn der Darlehensnehmer lediglich eine Umschuldung anvisiert mit wesentlich günstigeren Zinssätzen. Wenn es sich um verbundene Geschäfte handelt, ist die Bank auch keine unbeteiligte Dritte. Denn die Voraussetzungen für die Annahme von verbundenen Geschäften ist eine wirtschaftliche Einheit von Darlehen und Fondsbeteiligung. „Eine wirtschaftliche Einheit ist gemäß § 358 Abs. 3 S. 2 BGB insbesondere anzunehmen, wenn sich der Darlehensgeber bei der Vorbereitung oder dem Abschluss des Verbraucherdarlehensvertrags der Mitwirkung des Unternehmers, d.h. des Partners des Vertrags über die Erbringung einer Leistung, bedient“, so urteilte bereits der BGH in seinem Urteil vom 5.12.2009 zu Az. XI ZR 45/09.

 

Update vom 30.11.2015:

Auf Antrag der Parteien hat der BGH die Verhandlung auf den 15.12.2015 verlegt.

 

Update vom 10.12.2015:

Mit Mitteilung vom 09.12.2015 hat der BGH darüber informiert, dass sich die Parteien vergleichsweise geeinigt haben. Damit steht fest, dass es zu diesem Thema vorerst nun doch keine grundlegende Entscheidung geben wird. Anzunehmen ist jedoch, dass die betroffene Bank eine für sie negative Grundsatzentscheidung befürchtete und daher den Weg des Vergleichs eingeschlagen hat. Auch beim Thema Bearbeitungsentgelt hatte die Bankenwelt lange Zeit eine Grundsatzentscheidung gescheut. Wie die Rechtsprechung aus dem letzten Jahr zeigt, zurecht. Ähnlich dürfte es nun auch hier sein. Die rechtliche Argumentation, auf die sich die Bank stützt, ist nicht stichhaltig. Die besseren Argumente sprechen für das Bestehen eines Widerrufsrechtes.