KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT

Rechtsanwältin Julia von Bredow

Zu den Aufklärungspflichten bei Abschluss von Lebensversicherungen und Rentenversicherungen (OLG Frankfurt/Main Urteil vom 19.03.2015 zu Az. 7 U 134/14)

§ 6 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) normiert Informationspflichten bei Abschluss von Versicherungsverträgen. Darüber hinaus bestehen insbesondere für Lebensversicherungen und Rentenversicherungen noch weitere Aufklärungs- und Beratungspflichten aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB.  Anders als bei anderen Versicherungsverträgen nimmt nämlich der Versicherungszweck nur eine untergeordnete Rolle ein, so dass es sich im Hinblick auf die Aufklärungs- und Beratungspflichten um eine Kapitalanlage handelt. Das OLG Frankfurt am Main hat dies jüngst nochmals bestätigt.

 

„Der Umstand, dass die mit der Beklagten abgeschlossenen Verträge Versicherungsverträge sind, rechtfertigt es nicht, von der entsprechenden Anwendung der für Kapitalanlagen geltenden Aufklärungspflichten abzusehen. Der Grund der Aufklärungs- und Informationspflichten ist nicht der Charakter des Geschäfts als Versicherungsvertrag oder Kapitalanlage, sondern der Umstand, dass es sich um ein nicht aus sich heraus verständliches Produkt handelt, das der Anleger mit dem Ziel, das eingesetzte Kapital zu vermehren, zeichnet. Informationspflichten werden wegen der Komplexität eines Anlageprodukts und deshalb, weil Lebensversicherer in Konkurrenz mit den Anbietern anderer Kapitalanlagen stehen, in Schrifttum und Rechtsprechung seit längerem auch für Versicherungsverträge bejaht (Schwintowski aaO.; von Stebut, ZIP 1992, 1698, 1702 mwNw; Kieninger NVersZ 1999, 118f.; Römer, VersR 1998, 1313, 1314, 1316; Prölss/Martin-Schneider, VVG, 28. Aufl., Vor § 150 Rdn. 30, 80; BGHZ 147,373).“

 

Die Entscheidung des OLG Frankfurt steht auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung des BGH. Wie das OLG Frankfurt zurecht ausführt, stellt

 

„die Entscheidung BGH VersR 2005, 1565, die auf die ausschließliche Maßgeblichkeit des Versicherungsrechts abstellt, bezieht sich auf die Anwendbarkeit des § 172 VVG a.F., also auf die Möglichkeit einer einseitigen Änderung von Versicherungsbedingungen im Interesse aller Versicherungsnehmer und hat mit der hier zu beurteilenden Frage nichts zu tun.“

 

Daraus folgt für Versicherungsvertreter und Versicherungsunternehmen, dass sie sorgfältig eine umfassende und richtige anlage- und anlegergerechte Beratungsleistung erbringen und die Versicherung insbesondere im Hinblick auf die Renditeerwartung einer Plausibilitätskontrolle unterziehen müssen.