KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT

Rechtsanwältin Julia von Bredow

Versicherungsrecht: Zur Beteiligung des Versicherungsnehmers an Überschüssen und Bewertungsreserven einer kapitalbildenden Lebensversicherung

Der BGH hat am 19.02.2015 entschieden, dass ein Kläger keine Anspruch auf höhere Auszahlungen hat und die beklagte Versicherung ihn mit den geleisteten Zahlungen korrekt an den Bewertungsreserven zu beteiligen hat.
Der Kläger unterhielt bei der Beklagten eine kapitalbildende Lebensversicherung. Nach Vertragsablauf 2008 rechnete die Beklagte den Vertrag ab und zahlte dem Kläger 28.025,81 € aus, wovon auf die garantierte Überschussbeteiligung 9.123,81 € entfallen. Ferner gab sie an, dass in dieser ein Schlussüberschuss von 1.581,60 € sowie die auf den Vertrag entfallende Bewertungsreserve von 678,21 € enthalten seien. Die Bewertungsreserve setze sich aus einem Sockelbetrag von 656,88 € sowie einem volatilen Anteil von 21,33 € zusammen. Der Kläger war der Ansicht, dass ihm die Zahlung der Bewertungsreserve zusätzlich zu dem Schlussüberschussanteil zustehe. Dem ist der BGH nicht gefolgt.
Gem. § 153 Abs. 1 VVG steht dem Versicherungsnehmer grundsätzlich eine Beteiligung an dem Überschuss und an den Bewertungsreserven (Überschussbeteiligung) zu. Die Bewertungsreserve ist nach § 153 Abs. 3 Satz 1 VVG durch den Versicherer jährlich neu zu ermitteln und nach einem verursachungsorientierten Verfahren rechnerisch zuzuordnen. In diesem Zusammenhang ist zwischen der Berechnung und der Zuteilung der Bewertungsreserve einerseits sowie deren Auszahlung andererseits zu differenzieren. Bewertungsreserven sind zunächst rein rechnerische Posten, die sich aus der Differenz zwischen dem Buchwert und dem Zeitwert von Kapitalanlagen ergeben. Eine hiervon zu trennende Frage ist, wie die an den einzelnen Versicherungsnehmer auszuzahlende Bewertungsreserve vom Versicherer finanziert wird. Hierzu regelt das Versicherungsaufsichtsrecht, dass die für die Überschussbeteiligung der Versicherten bestimmten Beträge, soweit sie den Versicherten nicht unmittelbar zugeteilt wurden, in eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung einzustellen sind. Die der Rückstellung für Beitragsrückerstattung zugewiesenen Beträge dürfen nur für die Überschussbeteiligung der Versicherten einschließlich der durch § 153 VVG vorgeschriebenen Beteiligung an den Bewertungsreserven verwendet werden. Da es sich mithin um eine Finanzierung der gesamten Überschussbeteiligung i.S. von § 153 Abs. 1 VVG handelt, die sowohl die Beteiligung an dem Überschuss (im engeren Sinne) als auch an den Bewertungsreserven umfasst, hat ein höherer Anteil der Bewertungsreserven bei den Rückstellungen für Beitragsrückerstattung zugleich ein Absinken des Schlussüberschusses zur Folge. Dieses Berechnungsverfahren hat die Beklagte eingehalten, so dass der Zahlungsantrag nach Ansicht des BGH unbegründet ist.

Über das Urteil zeigte sich nicht nur der Kläger, sondern auch der Bunder der Versicherten entsetzt. Sie fordern mehr transparenz bei der Berechnung der Bewertungsreserven. Der Bund der Versicherten unterstützt nun die am Karfreitag eingelegte Verfassungsbeschwerde des Klägers vor dem Bundesverfassungsgericht.