KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT

Rechtsanwältin Julia von Bredow

Versicherungsrecht: BaFin-Erhebung: Deutsche Lebensversicherer für Solvency II gerüstet

Nach Ansicht der Bafin werden die deutschen Lebensversicherer insgesamt den Einstieg in die Kapitalanforderungen unter dem künftigen europäischen Aufsichtsregime Solvency II auf Basis der Übergangsmaßnahmen und der Volatilitätsanpassung bewältigen können. Das hat die „Vollerhebung Leben“ gezeigt, für die die BaFin alle 87 deutschen Lebensversicherer zur voraussichtlichen Eigenmittelsituation unter Solvency-II-Bedingungen befragt hatte.

Die Übergangsmaßnahmen und die Volatilitätsanpassung, die das Solvency-II-Regelwerk vorsieht, entfalten die gewünschte Wirkung. Wenige Unternehmen mit einem Marktanteil von zusammen weniger als 1 % konnten trotz Anwendung der vorgesehenen Maßnahmen keine ausreichenden Eigenmittel nachweisen. Die BaFin wird mit diesen Unternehmen umgehend die nötigen Schritte erörtern. Die BaFin schätzt, dass für die deutschen Lebensversicherer unter aktuellen Kapitalmarktbedingungen ohne Anwendung der Übergangsmaßnahmen eine Eigenmittellücke von etwa 15 Mrd. Euro bestünde. Diese Eigenmittellücke hängt jedoch stark vom Niveau der Kapitalmarktzinsen sowie der Entwicklung der Vertragsbestände ab und kann daher nur als Indikation zum gegenwärtigen Zeitpunkt dienen. Die Erhebung hat ferner gezeigt, dass die Bedeckungsquoten unter Solvency II – nicht unerwartet – sehr sensitiv auf Änderungen der Kapitalmarktzinsen reagieren. Darum werden sich die Lebensversicherer darauf einstellen müssen, dass sich ihre Eigenmittelsituation innerhalb kurzer Zeit stark verändern kann. Die BaFin erwartet daher auch von Lebensversicherern, die aktuell die erforderlichen Bedeckungsquoten nur knapp erreichen, dass sie Maßnahmen zur Stärkung ihrer Kapitalbasis ergreifen.

Der Schwerpunkt der deutschen Lebensversicherer liegt nämlich traditionell auf Verträgen mit langjährigen Zinsgarantien. Unter der marktkonsistenten Bewertung von Solvency II werden die Risiken sichtbar, welche diese Garantien mit sich bringen. Im aktuellen Niedrigzinsumfeld stellt die Einführung von Solvency II darum eine besondere Herausforderung für die Unternehmen dar.
Zentrale Bedeutung haben die Übergangsmaßnahmen, die das Solvency-II-Regelwerk vorsieht: Die neuen Kapitalanforderungen werden schrittweise über einen Zeitraum von 16 Jahren eingeführt. Ergänzend steht den Lebensversicherern als permanentes Instrument die so genannte Volatilitätsanpassung zur Verfügung. Hierbei handelt es sich um einen Aufschlag auf die Zinskurve, um übermäßige Schwankungen in den Ergebnissen aufgrund von Marktübertreibungen zu vermeiden. Die Höhe des Zuschlages legt EIOPA fest, die Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung. Die deutschen Lebensversicherer müssen sich die Anwendung dieser Maßnahmen von der BaFin genehmigen lassen. Der englische Lebensversicherungsmarkt sieht hingegen anders aus. Zinsgarantien gibt es hier nicht. De Höhe der Auszahlungen an den Versicherten sind schon immer von den aktuellen Marktentwicklungen abhängig. In Zeiten niedriger Zinsen ein Vorteil für die Versicherungen.