KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT
Rechtsanwältin Julia von Bredow
Zu den Aufklärungspflichten bei Kreditverträgen
Generell gibt es im deutschen Recht keine Aufklärungspflichten oder Beratungspflichten gegenüber dem Vertragspartner. Wenn es sich jedoch um komplexe Vertragswerke und Finanzprodukte handelt oder ein Vertragspartner Verbraucher ist, so wird dieser Grundsatz aufgeweicht.
Im Kreditrecht muss die Bank Verbrauchern vor Abschluss eines Darlehensvertrages gemäß § 491a Abs. 1 BGB und bei Immobiliendarlehen gemäß § 503 BGB bestimmte Informationen zukommen lassen, z.B. die Höhe des Gesamtkredites. Ziel ist es, dem Verbraucher den Vergleich verschiedener Kreditangebote in Bezug auf Kosten und Bedingungen zu ermöglichen. Darüber hinaus ist die Bank verpflichtet, gemäß § 491a Abs. 3 Satz 1 BGB sämtliche Vertragsbestimmunen so zu erläutern, dass der Verbraucher selbst erkennen kann, ob der Kreditvertrag auf die eigene finanzielle Situation und die eigenen Bedürfnisse auch zugeschnitten ist. Diese vorvertragliche produktbezogene Erläuterungspflicht soll jedoch nur sicherstellen, dass der Verbraucher ausreichend informiert ist, um eine eigenverantwortliche Entscheidung zu treffen. Eine bankseitige Pflicht, selbst die finanzielle Situation des künftigen Vertragspartners zu eruieren und einen passenden Kredit zu empfehlen, besteht nicht. Die Prüfung der Kreditwürdigkeit geschieht im Eigeninteresse der Bank – und orientiert sich vor allem am zu finanzierenden Objekt.
Produktbezogene Erläuterungspflicht gemäß § 491a Abs. 3 Satz 1 BGB
Der Umfang der produktbezogenen Erläuterungspflicht ergibt sich aus dem Erfahrungsstand und der Kenntnis eines durchschnittlichen Verbrauchers. Das „Leitbild des durchschnittlichen Verbrauchers“ wird immer wieder in der Rechtsprechung herangezogen, um den Umfang von Aufklärungspflichten zu bestimmen. Letztlich ist dieser Maßstab auslegungsbedürftig und einzelfallbezogen. Denn welche Vertragsklauseln ein durchschnittlicher Verbraucher versteht, ist Einzelfrage. Abgewichen wird von diesem Leitbild nur bei erkennbar überdurchschnittlich informierten Verbrauchern oder bei erkennbar unterdurchschnittlich informierten und besonders schutzbedürftigen Verbrauchern. Sind die Informationen der Bank fehlerhaft oder fehlen ganz, so bestehen Schadenersatzansprüche gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2 BGB.
Immobilienkredite
Bei Immobilienkrediten gilt momentan noch die gleiche Rechtslage. Allerdings muss der deutsche Gesetzgeber noch eine EU-Richtlinie (Wohnimmobilienkredit-Richtlinie) umsetzen, wonach der Kreditwürdigkeitsprüfung ein hoher Stellenwert zukommen wird. Ziel ist es danach, dem Verbraucher nicht nur eine eigenverantwortliche Entscheidung zu ermöglichen, sondern darüber hinaus noch ein verantwortungsvolles Schuldenmanagement. Daraus werden sich für die Banken gewisse Explorationspflichten zu der finanziellen und wirtschaftlichen Situation des Verbrauchers vor Kreditvergabe ergeben.
Anders wird die Situation dann gesehen, wenn es sich nicht um einen Standardratenkreditvertrag handelt. Die endfällige Tilgungspflicht kombiniert mit einer Fondsbeteiligung oder eine fondsgebundenen Lebensversicherung ist komplex und erfordert eine umfassende produktbezogene Aufklärung. In solchen Fällen wird generell angenommen, dass die Bank – zumindest konkludent – einen Beratungsvertrag mit dem Verbraucher abgeschlossen hat.
