KANZLEI FÜR BANK- UND KAPITALMARKTRECHT

Rechtsanwältin Julia von Bredow

Wenn Bausparkassen kündigen (LG Mainz Az. 5 O 1/14 und LG Ulm Az. 4 O 273/13)

Mit hohen Renditen und Sicherheit wurden Bausparverträge beworben. Der Abruf eines Baudarlehens sollte nur eine Option sein. Alternativ wurde den Kunden durch Bonuszinsen der Abschluss von Bausparverträgen schmackhaft gemacht. Nun da die vertraglich vereinbarten Zinsen aktuell weit über dem allgemeinen Zinsniveau liegen, versuchen die Bausparkassen ihre Alt-Kunden loszuwerden und kündigen bestehende Verträge. Juristisch korrekt ist diese Vorgehensweise nicht immer.

Bausparverträge sind eben nur teilweise mit Darlehensverträgen vergleichbar. Abhängig von den einzelnen Vertragsbestimmungen einschließlich der gültigen Allgemeinen Baussparbedingungen (im Folgenden: ABB) dürften die Kündigungen in bestimmten Fallkonstellationen nicht wirksam sein. Die Vertragsprüfung ist immer eine Einzelfallprüfung. Generell gilt jedoch, dass in den ABB Kündigungen nicht vorgesehen sind.

Ein Bausparvertrag umfasst zwei Phasen: die Ansparphase bis zum Erreichen der vertraglich vereinbarten Baussparsumme, welche in der Regel bei 30 % bis 50 % besteht. Erst nach Erreichen dieser Summe beginnt die Phase der Zuteilungsreife. Der Bausparer hat dann das Recht auf Abruf eines Darlehens zu den typisch günstigen Bedingungen. Eine Pflicht besteht aber nicht. Genau hier beginnt der juristische Streit, den die Bausparer mit den Bausparkassen führen.

Bis zum Erreichen der Zuteilungsreife, also während der Ansparphase, gibt es grundsätzlich kein Kündigungsrecht. Wenn allerdings die Sparraten nicht vollständig geleistet werden, wird die Sache etwas diffiziler. Das Landgericht Mainz bejahte in seiner Entscheidung vom 28.07.2014 (LG Mainz zu Az. 5 O 1/14) ein Kündigungsrecht der Bausparkassen nach §§ 488 Abs. 3, 498 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Die Begründung lautete wie folgt:

 

„Zweck des Bausparvertrages ist nicht die zinsgünstige Geldanlage, sondern die Erlangung eines Bauspardarlehens, § 1 Abs. 1 ABB 7 bzw. Präambel zu den ABB. Es handelt sich um einen einheitlichen Vertrag mit zwei Stufen. Zunächst wird vom Bausparer bis zur Zuteilungsreife ein Guthaben angespart. Hierfür erhält er die vereinbarte Guthabenverzinsung. Nach Zuteilung kann der Bausparer bestimmungsgemäß das Bauspardarlehen in Höhe der Differenz zwischen der vertraglich vereinbarten Bausparsumme und dem bis zur Zuteilung angesammelten Guthaben in Anspruch nehmen. Der Bausparer ist jedoch nicht verpflichtet, nach Zuteilung das Bauspardarlehen in Anspruch zu nehmen (§ 15 Abs. 2 ABB). Während der Ansparphase handelt es sich um einen Darlehensvertrag. Es wird einhellig die Meinung vertreten, dass in dem Bausparvertrag ein einheitlicher Darlehensvertrag dahingehend zu sehen ist, dass die Bausparkasse und der Bausparer mit der Inanspruchnahme des Bauspardarlehens ihre jeweiligen Rollen als Darlehensgeber und Darlehensnehmer tauschen. Die Einlagen des Bausparers stellen daher ein Darlehen an die Beklagte dar, für dessen Rückerstattung eine Zeit nicht bestimmt ist. Für den Fall, dass der Bausparer nach Zuteilung das Bauspardarlehen nicht in Anspruch nimmt enthalten die ABB keine Regelung. Gemäß § 1 Abs. 1 ABB 7 ist lediglich das aufgrund planmäßiger Sparleistungen zu erlangende Tilgungsdarlehen unkündbar. Hieraus folgt im Umkehrschluss, dass die Bausparkasse den Bausparvertrag nicht kündigen darf, wenn sie dadurch dem Bausparer den Anspruch auf das Tilgungsdarlehen entzieht. Als Ausnahme hierzu sieht § 5 Abs. 3 ABB 7 ein spezielles Kündigungsrecht der Bausparkasse im Fall des Rückstandes von Regelsparbeiträgen vor. Das bedeutet dass der Bausparvertrag solange unkündbar ist, wie die Auszahlung des Tilgungsdarlehens möglich ist und der Bausparer seine hierzu erforderlichen planmäßigen Sparpflichten erfüllt.“

 

Dem gegenüber hat das Landgericht Ulm am 26.01.2015 (LG Ulm zu Az. 4O 273/13) ein Kündigungsrecht der Bank verneint. Es handelte sich bei dem streitgegenständlichen Vertrag um einen sog. Scala-Sparvertrag, der also das Sparen eindeutig als Vertragszweck verfolgt.

Da es bislang noch keine einheitliche Rechtsprechung zu diesen Fallkonstellationen gibt, besteht ein relativ hohes Prozessrisiko. Einfach hinnehmen sollte ein Bausparer jedoch eine Kündigung trotzdem nicht. Eine Vorabprüfung der Rechtslage durch einen spezialisierten Anwalt sollte in jedem Fall durchgeführt werden und als Entscheidungshilfe für das weitere Vorgehen dienen.